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Reisen mit Hyperschall übers Weltall

 

11. Dez 2012 - 15:16 Uhr


Raumfahrt

Reisen mit Hyperschall übers Weltall

SpaceLiner - Das ist die verlockende Vision an deren Entwicklung das Institut für Raumfahrtsysteme des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) arbeitet. Einsteigen in Europa, und schon nach 90 Minuten am anderen Ende der Welt in Australien wieder aussteigen. Bevor der SpaceLiner aber zum ersten Mal zu solch einem Raumflug abheben kann, müssen noch neue Technologien getestet und die Rahmenbedingungen festgelegt werden.

Für die Studie Fast20XX (Future high-Altitude high-Speed Transport) forschten mit Unterstützung der EU drei Jahre lang Wissenschaftler aus Deutschland, Österreich, Spanien, der Schweiz, Italien, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Schweden. Die Ergebnisse des nun abgeschlossenen Projekts fließen in den weiteren Entwurf des SpaceLiners des DLR und des Fliegers ALPHA der Aerospace Innovation GmbH ein.

Zwischen Flugzeug und Raumschiff

Das Konzept ähnelt dem des amerikanischen Space Shuttle. Der SpaceLiner des DLR soll wie ein Space Shuttle vor dem Start aufrecht stehen und mit Raketentriebwerken auf seine Reise starten. Die wiederverwendbare Booster-Stufe trennt sich nach dem ersten Schub vom Orbiter, dessen Passagierkapsel Platz für 50 Mitflieger bietet. Nach schon acht Minuten würde dann der Gleitflug mit 20-facher Schallgeschwindigkeit beginnen. Die Landung erfolgt nach rund 80 Minuten dann wie mit einem üblichen Flugzeug auf einer normalen Landebahn.

Ein Projekt, für das es keine bereits existierenden Vorbilder gibt: "Wir müssen die Dimensionen selbst festlegen und uns mit Computermodellen an den SpaceLiner herantasten", sagt DLR-Projektkoordinator Martin Sippel. "Der SpaceLiner ist eine Herausforderung, was Technik und Betrieb angeht." Die 17 Partner der Fast20XX-Studie haben deshalb auch kein Flugzeug entworfen, sondern interdisziplinär wichtige Aspekte für die Flugzeuge zwischen Luft- und Raumfahrt untersucht.

Für das DLR beteiligten sich gleich mehrere Institute an der Studie: Neben dem Institut für Raumfahrtsysteme steuerten auch das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, das Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung und das Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik numerische und experimentelle Ergebnisse bei.

Aktive Kühlung des Gleiters erforderlich

Ein wichtiges Thema ist die Kühlung des Raumfahrzeugs während des Flugs. Der SpaceLiner fliegt nach der Antriebsphase im Gleitflug und ist somit der Reibung in der Erdatmosphäre ausgesetzt. Es entstehen Temperaturen von über 1800 Grad Celsius. Die Lösung: An der Nase sowie an den Flügelvorderkanten des Flugkörpers wird aktiv gekühlt. Durch poröse keramische Bauteile soll Wasser austreten, das beim Verdampfen für Abkühlung sorgt.

Für diese Transpirationskühlung entwickelt das Institut für Bauweisen- und Konstruktionsforschung entsprechende Keramiken und simuliert deren Durchströmung am Computer. Durch die Arbeiten in Fast20XX mit Tests am Plasma-Windkanal beim DLR in Köln haben die Ingenieure die Gewissheit gewonnen, dass mit porösen keramischen Materialien eine aktive Kühlung möglich ist.

Auch die Strömung um den Flugkörper selbst untersuchen die Wissenschaftler und modellieren diese mit Computerprogrammen. "Der SpaceLiner erreicht eine Flughöhe mit sehr niedrigem atmosphärischem Druck, so dass sich die Strömungsphänomene ändern", erläutert Sippel. In einem speziellen Windkanal am DLR-Standort Göttingen wurden Modelle getestet und mit numerischen Simulationen der italienischen Partnerorganisation CIRA verglichen, die gute Übereinstimmung zeigten und somit den zukünftigen Entwurf des Raumfahrzeugs unterstützen.

Viele Fragen für schnellen Flieger noch offen

Neben der Forschung an Aerodynamik, Materialien und Kühlung erfordern Projekte wie der SpaceLiner aber auch zahlreiche andere Untersuchungen. Ist so ein Flug mit Hyperschallgeschwindigkeit überhaupt verträglich für die Passagiere? Vom Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin gab es dafür grünes Licht.

Weitere Fragen sind: Welche Genehmigungsanforderungen kommen auf die Konstrukteure der schnellen Flugzeuge zu? Inwieweit wird die Umwelt belastet, auch wenn der SpaceLiner beim Flug selbst lediglich Wasser ausstößt? Auch dazu sammelten die 17 Partner der Fast20XX-Studie Daten und Forschungsergebnisse. "Wir haben außerdem auch durchgerechnet, in welchen Fällen ein Abbruch des Flugs notwendig wird und wie man beispielsweise bei Triebwerksausfällen reagieren muss", sagt DLR-Koordinator Sippel.

Klar ist jetzt schon, dass der Start des SpaceLiners nur entfernt von bewohnten Gebieten ablaufen kann – und der Hochgeschwindigkeitsflug in großer Höhe stattfinden muss, um bewohnte Regionen vor dem Überschallknall zu bewahren.

Für die Ingenieure kommen noch weitere Herausforderungen hinzu: Wie kann das Raketentriebwerk zuverlässig und sicher arbeiten? Wie muss das Tankbedrückungssystem aussehen? Wie muss das Thermalschutzsystem für den gesamten Flieger konstruiert sein und welche Anforderungen muss die Passagierkabine erfüllen, die zugleich Rettungskapsel für den Notfall ist? Dann müsste auch das Netz aus Rettungsstationen am Boden reibungslos funktionieren.

Erster Schritt: Ein Projekt für Weltraum-Tourismus

Ein erster Schritt hin auf dem Weg zum Transportmittel für Langstreckenflüge ist für Martin Sippel das Projekt ALPHA der Aerospace Innovation GmbH. Der ebenfalls in Fast20XX untersuchte Weltraumflieger soll in einer Flughöhe von 14 Kilometern von einem Airbus A330 aus mit zwei Passagieren und einem Piloten starten und dann eine Höhe von 100 Kilometern erreichen.

"Dieser Weltraumtourismus könnte die erste Stufe sein und bereits in diesem Jahrzehnt realisiert werden – er ist eine Art Test, ob der Markt für solche Raumfahrzeuge vorhanden ist", erläutert DLR-Wissenschaftler Sippel. Der SpaceLiner, soll dagegen nicht für kurze Flüge in den Weltraum eingesetzt werden, sondern dem Transport von Passagieren und Gütern über große interkontinentale Entfernungen im "Point-to-Point-Travel", und ist "überwiegend privat zu finanzieren, ähnlich der heutigen Luftfahrt".

Eine langfristige Vision, sagt Sippel – mit einem Startjahr, das nicht vor 2050 liegt. "Wir wollen einen neuen, großen Markt für die Raumfahrttechnologie gewinnen und damit auch die Transportkosten von Satelliten in den Weltraum kräftig reduzieren."

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