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Künstliche Intelligenz bei der Arbeit: CIMON auf der ISS

 

16. Nov 2018 - 20:34 Uhr


Raumfahrt

Künstliche Intelligenz bei der Arbeit: CIMON auf der ISS

Der in Deutschland entwickelte und gebaute Astronauten-Assistent CIMON hat seine Feuertaufe im All bestanden. Er und der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst haben rund 90 Minuten im Columbus-Modul der Internationalen Raumstation ISS miteinander gearbeitet.


Alexander Gerst lebt und arbeitet seit dem 08. Juni 2018 auf der Internationalen Raumstation ISS. Teil seiner sechsmonatigen horizons-Mission ist auch die medizinballgroße, fünf Kilogramm schwere, 3D-gedruckte Kunststoffkugel ist der erste mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Astronauten-Assistent CIMON, ein Technologie-Experiment für die Mensch-Maschine-Interaktion im All.


CIMON wurde im Auftrag der Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie von Airbus in Friedrichshafen und Bremen entwickelt und gebaut und nutzt die künstliche Intelligenz (KI) der IBM-Watson-Technologie. Das Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München betreut das Projekt wissenschaftlich.


Astronaut Gerst spricht mit künstlicher Intelligenz


Am 15. November 2018 um 11:40 Uhr MEZ hielt das Missionsteam im Bodenkontrollzentrum BIOTESC der Hochschule Luzern den Atem an. Nach zweieinhalb Jahren intensivster Vorbereitungen und unzähliger Test- und Trainingsstunden mit CIMON (Crew Interactive Mobile CompanioN) auf der Erde konnte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören – höchste Konzentration und freudige Anspannung lagen in der Luft: Nach dem Software-Upload zur ISS und einem Software-Update von CIMON selbst, einem Audio-Check und einem Test der Navigations-Kamera nahm Alexander Gerst seinen neuen künstlichen Mitbewohner auf der Raumstation nicht nur in Augenschein, sondern auch in Betrieb. 90 Minuten lang dauerte die Weltpremiere, das erste "Rendezvous" zwischen dem deutschen ESA-Astronauten und dem sich autonom fortbewegenden robotischen Assistenten.


Nachdem Alexander Gerst seinen künstlichen Helfer aus seiner Box im Columbus-Modul der ISS geholt hatte, weckte er ihn mit den Worten "Wach auf, CIMON!" und die Antwort kam prompt: "Was kann ich für Dich tun?" Nach diesem ersten "Small Talk" ließ Alexander Gerst CIMON frei schweben – zunächst noch ferngesteuert vom Boden. Damit wurde das so genannte "Guidance, Navigation and Control"-System in Betrieb genommen.


Es folgte die autonome Navigation mit mehreren Drehungen und Bewegungen in alle Richtungen und CIMON war in der Lage, das Gesicht von Alexander Gerst zu suchen und Augenkontakt aufzunehmen. Als Demonstration seiner Assistenzfähigkeiten zeigte CIMON auf seinem "Gesicht", einem Display in der Mitte der Kugel, die Anleitung für ein Schüler-Experiment zur Kristallbildung und spielte einen Musiktitel ab.


Er nahm mit seinen integrierten Kameras ein Video und ein Foto von Alexander Gerst auf. Zum Abschluss brachte Alexander Gerst CIMON wieder an seinen Platz im Columbus-Modul zurück. Während der Kommissionierung hat die Projektverantwortliche von BIOTESC, Gwendolyne Pascua, direkt mit Alexander Gerst gesprochen, um ihn durch das Experiment zu begleiten: "Die Sprachverbindung hat einwandfrei funktioniert und ich bin sehr erleichtert, dass die Zusammenarbeit mit CIMON und Alex so gut geklappt hat."


"Es ist ein unglaubliches Gefühl und eine wahnsinnige Freude, zu erleben, dass CIMON wirklich sieht, hört, versteht und spricht. Dieser erste echte Einsatz im All bedeutet für uns ein Stück Raumfahrtgeschichte und stellt den Beginn für einen hoffentlich langen Einsatz auf der ISS dar", fasst Dr. Christian Karrasch, CIMON-Projektleiter in der deutschen Raumfahrtagentur im DLR zusammen. "Die Interaktion mit einer Künstlichen Intelligenz fasziniert mich. Das System CIMON ist in dieser Form weltweit einzigartig und speziell für den Einsatz auf der Internationalen Raumstation konzipiert. Wir betreten hier Neuland und erweitern den technologischen Horizont in Deutschland."


CIMON denkt mit IBM-Cloud auf der Erde


"Mit CIMON haben wir eine Vision von uns in die Realität umgesetzt. Es ist ein sehr großer Schritt für die bemannte Raumfahrt, den wir hier gemeinsam gehen konnten. Durch CIMON haben wir den Grundstein für soziale Assistenzsysteme gelegt, die unter extremen Bedingungen zum Einsatz kommen sollen", ergänzt Till Eisenberg, CIMON-Projektleiter bei Airbus.


Zur Datenübertragung nutzte CIMON das WLAN auf der Internationalen Raumstation und stellte über Satellitenverbindung per Bodenstationen eine Internetverbindung zur IBM Cloud her. Was dann in CIMONs Gehirn abläuft, erklärt Matthias Biniok, IBM-Projektleiter, so: "Wird CIMON eine Frage gestellt oder mit ihm gesprochen, wandelt die Watson KI dieses Audiosignal zunächst in Text um, der von der KI verstanden beziehungsweise interpretiert wird. Dabei kann IBM Watson die Inhalte nicht nur in ihrem Kontext verstehen, sondern ebenso die damit verbundene Intention. Das Resultat ist eine passgenaue Antwort, die wiederum in Sprache umgewandelt und wieder an die ISS zurückgeschickt wird. So ist ein natürlicher, dynamischer Sprach-Dialog möglich."


Bernd Rattenbacher, Teamleiter beim Bodenkontrollzentrum an der Hochschule Luzern: "Die Datenverbindung zur Erde läuft via Satellit zur NASA und zum Columbus Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen. Von dort aus geht das Signal zu uns, der CIMON Bodenstation in BIOTESC, dem Schweizer User Support und Operations Center, das per Internet mit der IBM Cloud in Frankfurt verbunden ist. Die reine Signallaufzeit über die Satelliten beträgt 0,4 Sekunden in eine Richtung. Zur Datensicherheit sind viele Firewalls und VPN Tunnel aktiv."


CIMON hat auch einen wissenschaftlichen Hintergrund. Berater sind Dr. Judith-Irina Buchheim und Prof. Alexander Choukèr von der Klinik für Anästhesiologie am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. Judith Buchheim: "CIMON könnte als KI-Partner und Begleiter Astronauten bei ihrem hohen Pensum an Experimenten, Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten unterstützen und dadurch deren Stressexposition reduzieren."


CIMON – Astronaut hat Hände frei


CIMON ist ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Technologie-Experiment zur Unterstützung und Effizienz eines Astronauten bei der Arbeit zu steigern. Zeit im Weltall ist ziemlich teuer. CIMON kann Informationen, Anleitungen zu wissenschaftlichen Experimenten und Reparaturen darstellen und erklären. Ein Vorteil ist, dass der Astronaut beide Hände frei hat durch den sprachgesteuerten Zugriff auf Dokumente und Medien. Weitere Anwendungen sind etwa die Nutzung als mobile Kamera zur Einsparung von Astronauten Crew-Zeit.


Vor allem Routineaufgaben könnten durch CIMON erledigt werden, wie etwa die Dokumentierung von Experimenten, Suche nach Objekten und Inventarisierung. CIMON kann auch sehen, hören, verstehen und sprechen. Seine beiden Augen sind zwei Kameras zur Gesichtserkennung und weitere fünf Kameras zur Orientierung und Videodokumentation. Ultraschall-Sensoren messen Abstände zur Kollisions-Erkennung. Seine Ohren sind acht Mikrofone zur Richtungserkennung plus ein Richt-Mikrofon für eine gute Spracherkennung. Sein Mund ist ein Lautsprecher, über den er sprechen und Musik abspielen kann.


Kernstück der KI für das Verständnis von Sprache ist die IBM Watson KI-Technologie aus der IBM Cloud. Selbstständiges Lernen von CIMON wurde ausgeschlossen, er muss aktiv durch einen Menschen trainiert werden. Die KI zur autonomen Navigation stammt von Airbus und dient der Bewegungsplanung und Objekterkennung. Durch zwölf interne Ventilatoren kann sich CIMON frei in alle Raumrichtungen bewegen und rotieren. Somit kann er sich dem Astronauten zuwenden, wenn er angesprochen wird, Kopfnicken, Kopfschütteln und räumlich selbstständig oder auf Kommando folgen.


Player hinter CIMON


Entwicklung und Bau des interaktiven Astronauten-Assistenten wurden von der Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegeben und von Airbus in Friedrichshafen und Bremen umgesetzt. Als sprachgesteuerte Künstliche Intelligenz dient die Watson KI-Technologie aus der IBM Cloud. Die menschlichen Aspekte des Assistenzsystems wurden von Wissenschaftlern des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) mitentwickelt und betreut. Ein rund 50-köpfiges Projektteam von DLR, Airbus, IBM und der LMU arbeitet seit August 2016 an der Realisierung von CIMON. Seit dem 02. Juli 2018 ist CIMON auf der ISS. Sein Name erinnert nicht zufällig an "Professor Simon Wright", den robotischen Assistenten – das "fliegende Gehirn" – aus der japanischen Science-Fiction-Serie "Captain Future".


Weitere Partner sind die Europäische Weltraumorganisation ESA, BIOTESC an der Hochschule Luzern (Schweiz) zur operationellen Vorbereitung und Durchführung des Experimentes in der Infrastruktur der ISS und das Columbus-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen zur operationellen Missionsplanung.


CIMON auf den Fotos


CIMON und Alexander Gerst: Am 15. November 2018 war CIMON, ein in Deutschland entwickeltes und gebautes Technologie-Experiment, zum ersten Mal an Bord der Internationalen Raumstation im Einsatz. Der interaktive, mobile und mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattete Astronauten-Assistent ist Teil der aktuellen horizons-Mission des deutschen ESA-Astronauten Alexander Gerst.


Go, CIMON, Go! Große Freude und Erleichterung herrschte bei dem CIMON-Team im BIOTESC-Nutzerunterstützungszentrum an der Hochschule Luzern am 15. November 2018 nach dem ersten erfolgreichen Einsatz ihres "Schützlings" mit Alexander Gerst auf der Internationalen Raumstation ISS.


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