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Risiko Klapptriebwerk?

 

14. Nov 2012 - 23:45 Uhr


Flugsicherheit

Risiko Klapptriebwerk?

Segelflugzeuge mit Hilfsantrieb finden in den letzten Jahren immer größere Verbreitung. Nicht zuletzt deshalb, weil Außenlandesituationen, die im Segelflug ein großes Unfallrisiko bergen, dadurch vermieden werden können. Funktioniert das Klapptriebwerk jedoch nicht wie vorgesehen, erschwert es die Situation, aus der es heraushelfen sollte.

Seit 2005 wurden der BFU 103 Unfälle mit 36 Toten und 15 schwer Verletzten in der Luftfahrzeugart „Segelflugzeuge mit Hilfsantrieb“ mit in Deutschland zugelassenen Luftfahrzeugen gemeldet. Bei mindestens 30 Ereignissen ist davon auszugehen, dass das Klapptriebwerk nicht regulär funktioniert hat.

Beispiel:

Ein Ventus CM startete im Flugzeugschlepp zu einem Dreiecksflug. Das Wetter entwickelte sich schlechter als erwartet, so dass sich der Pilot in ca. 250 m Höhe entschloss, das Klapptriebwerk des Ventus zu benutzen. Trotz mehrmaliger Startversuche sprang der Motor jedoch nicht an. Zeugen beobachteten, wie der Motorsegler mit ausgefahrenem und stehendem Motor über ein Getreidefeld anflog. Der Pilot leitete eine Linkskurve ein, bei der er laut Zeugenaussagen aus einer Höhe von ca. 20 m in einer Linksdrehung nahezu senkrecht in einem Wiesengrundstück aufprallte. Der Pilot erlitt tödliche Verletzungen, das Luftfahrzeug wurde zerstört. Bei der Untersuchung des Luftfahrzeuges an der Unfallstelle wurde der Motor in ausgefahrener Stellung vorgefunden. Es befanden sich noch ca. 12 Liter Kraftstoff im Tank und der Kraftstoffhahn war geschlossen.

Oft sind in Unfallberichten auch die Begriffe „Hindernisberührung“, „Zukurzkommen“ und „Kontrollverlust“ zu lesen.

Die Beachtung folgender Punkte kann zur Vermeidung derartiger Unfälle beitragen:

  • Die Entscheidung, den Motor zu benutzen, muss in deutlich größerer Höhe erfolgen als die Außenlandeentscheidung im „reinen“ Segelflug. Nur so stehen im Fall des Triebwerkversagens noch Reserven für eine sichere Außenlandung zur Verfügung.
  • Ein geeignetes Außenlandefeld muss jederzeit erreichbar sein.
  • Die Betätigung des Klapptriebwerks sollte in jedem Falle mithilfe einer Checkliste erfolgen.

Der bekannte Entscheidungstrichter für Außenlandungen (s. FSM 1/89 – LBA) wurde dem Betrieb von Segelflugzeugen mit Hilfsantrieb angepasst. Folgende vier Entscheidungsstufen sollten bei der Verwendung von Klapptriebwerken eingeplant werden:

Entscheidungsstufe 1 - Bodenorientierte Phase

  • Bei der Fortsetzung des Fluges muss, wie auch im „reinen“ Segelflug, die Oberflächenstruktur bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Der Pilot muss sich auch an vorhandenen Außenlandemöglichkeiten orientieren.

Entscheidungsstufe 2 - Landefeldorientierte Phase - Anlassen

  • endgültige Entscheidung für ein Landefeld
  • Außenlandevorbereitungen treffen
  • Fahrwerk ausfahren
  • Triebwerk nach Checkliste ausfahren und anlassen Funktioniert das Klapptriebwerk wie vorgesehen, kann der Flug mit Motorunterstützung fortgesetzt werden.

Im Fall eines Triebwerkversagens müssen weitere Entscheidungsstufen abgearbeitet werden.

Entscheidungsstufe 3 - Einfahren des Triebwerks

  • im sicheren Gleitbereich des Außenlandefeldes die Anlassversuche rechtzeitig beenden, sichere Außenlandung hat absoluten Vorrang
  • Triebwerk einfahren Die Entscheidungshöhe zum Beenden der Anlassversuche hängt unter anderem vom Aufwand für das Einfahren des Triebwerkes ab. Dieser variiert zwischen verschiedenen Mustern zum Teil erheblich.

Entscheidungsstufe 4 - Landephase

  • mit eingefahrenem Klapptriebwerk „Positionshöhe“ erreichen und das Landefeld mit einer normalen Landeeinteilung anfliegen

Der Pilot muss in allen Flugphasen die Kontrolle über das Luftfahrzeug behalten. Das gilt für den Flug mit eingefahrenem Triebwerk in Segelflugkonfiguration ebenso, wie für den Flug mit ausgefahrenem und u. U. stehendem Klapptriebwerk.

Kann das Triebwerk bis zum Erreichen der Sicherheitsmindesthöhe nicht wieder eingefahren werden, tritt die Bedienung des Triebwerks in den Hintergrund. Anflug und Landung mit ausgefahrenem und stehendem Klapptriebwerk sind dann konzentriert unter Beachtung folgender Besonderheiten abzuarbeiten:

  • deutlich verschlechterte Gleitleistung (siehe Flug- und Betriebshandbuch)
  • Widerstanderhöhung und dadurch bedingt:

    • erhöhte Sinkrate
    • schlechtere Fahrtaufnahme
    • steilere Flugbahn und anderes Horizontbild
  • Wirbel der Triebwerksumströmung, die auf das Leitwerk treffen, können die aerodynamische Überziehwarnung überlagern

Beim Flug mit ausgefahrenem und stehendem Klapptriebwerk ist deshalb die Fahrtkontrolle äußerst wichtig. Die Flugeigenschaften eines modernen Segelflugzeuges verändern sich dabei gravierend. Dies erfordert die volle Aufmerksamkeit des Piloten!

Um die Zuverlässigkeit des Systems Pilot/Technik zu erhöhen, empfiehlt die BFU im Vorfeld des Einsatzes:

1. Pilot

  • Anwenden von Checklisten bei der Triebwerksbedienung
  • wiederholte, gründliche Beschäftigung mit dem Handbuch
  • gründliche praktische Einweisung und kontinuierliches Training mit dem Antriebssystem
  • Einbeziehen des Triebwerks in die tägliche Vorflugkontrolle

2. Technik

  • regelmäßige Kontrolle und Wartung des Triebwerks
  • regelmäßigen Probebetrieb Tipps zum Training:
  • Der Flug mit ausgefahrenem und stehendem Klapptriebwerk kann mit geringem Risiko in geeigneter Höhe geübt werden.
  • Die dabei erflogene Sinkrate kann beim Training von Landeanflug und Landung am Flugplatz mit den Bremsklappen eingestellt werden.

Tipps zum Training:

  • Der Flug mit ausgefahrenem und stehendem Klapptriebwerk kann mit geringem Risiko in geeigneter Höhe geübt werden.
  • Die dabei erflogene Sinkrate kann beim Training von Landeanflug und Landung am Flugplatz mit den Bremsklappen eingestellt werden.

Quelle: BFU

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