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Ewige Funkstille: Keine Kontaktversuche mehr zu Philae

 

12. Feb 2016 - 23:13 Uhr


Raumfahrt

Ewige Funkstille: Keine Kontaktversuche mehr zu Philae

Die zuletzt andauernde Funkstille hatte es bereits angedeutet: Ein Kontakt mit Lander Philae wird immer unwahrscheinlicher, und die Bedingungen für den Lander auf dem Kometen schlechter.

"Die Chancen, dass Philae noch einmal Kontakt zu unserem Team im Lander-Kontrollzentrum des DLR aufnimmt, gehen leider gegen Null, und wir senden auch keine Kommandos mehr – es wäre sehr überraschend, wenn wir jetzt noch ein Signal empfangen würden", sagt Philae-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Für Philae bedeutet das, dass er zwar sehr wahrscheinlich eisfrei, aber voraussichtlich mit Staub bedeckt an seinem schattigen Platz auf Komet Churuymov-Gerasimenko in den ewigen Winterschlaf übergeht und sich in der Kälte nicht mehr einschaltet.

Flugbahn wird abgesenkt

Die Sonde Rosetta der europäischen Weltraumorganisation ESA wird hingegen noch bis September 2016 um den Kometen kreisen und weiterhin mit ihren wissenschaftlichen Instrumenten Messungen durchführen. Auch die Kommunikationseinheit auf Rosetta wird noch nicht abgeschaltet – sie wird in den nächsten Monaten solange weiterhin auf Signale des Landers horchen, bis die dafür notwendige Energie nicht mehr zur Verfügung steht.

"Es war eine einzigartige Mission mit Philae – es war nicht nur das erste Mal, dass man jemals mit einem Lander auf einer Kometenoberfläche aufgesetzt hat, wir haben auch faszinierende Daten erhalten, mit denen wir noch viele Jahre arbeiten können", sagt Prof. Pascale Ehrenfreund, Vorstandsvorsitzende des DLR und beteiligte Wissenschaftlerin an der Mission. "Rosetta und Philae haben gezeigt, auf welch faszinierende Art und Weise die Raumfahrt den menschlichen Horizont erweitern und die Öffentlichkeit Anteil an unserer Forschung nehmen kann."

Weltweite Beachtung

Am 12. November 2014 hatte Philae seine spektakuläre Landung vollbracht. Inklusive eines Harpunensystems, das nach der zehnjährigen Reise durch das Weltall nicht mehr funktionierte, mehrerer Hüpfer über den Kometen und eines Standorts, mit dem niemand im Team gerechnet hatte. Weltweit verfolgten die Menschen, ob die zuvor noch nie versuchte Landung auf einem Kometen glücken würde. Schließlich konnten die Ingenieure und Wissenschaftler des DLR um 18:31 Uhr mitteleuropäischer Zeit verkünden: Philae steht auf dem Kometen Churyumov-Gerasimenko, 510 Millionen Kilometer von der Erde entfernt – und kommuniziert mit der Erde. Suchmaschine Google widmete sein Startbild dem Lander und ließ Philae in ihrem Schriftzug anstelle des zweiten O seine drei filigranen Beine ausstrecken.

Zeitungen von Afrika bis Südamerika, von den USA bis nach Asien und Australien vermeldeten die Nachricht der ersten Kometenlandung, in allen Sprachen bestätigten Sprecher in den Nachrichtensendungen, dass Philae tatsächlich sein Ziel erreicht hätte. Währenddessen arbeitete das Team im Kontrollraum des DLR in Köln rund um die Uhr, um die sorgfältig vorbereiteten Pläne an die neue Situation anzupassen und an dem ungeplanten Standort mit Philae zu arbeiten. "Ich hatte schon mit Interesse gerechnet", sagt DLR-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec. "Aber diese weltweite, riesige und auch andauernde Begeisterung hat mich sehr positiv überrascht."

Winterschlaf bei Tiefsttemperaturen

Mehr als 60 Stunden forschten die Wissenschaftler mit Philaes Instrumenten, nahmen Fotos auf, schnüffelten nach Molekülen oder versuchten, sich in den unerwartet harten Untergrund zu hämmern. Mit seinen aufgeladenen Batterien konnte der Lander auch an seinem nur wenig von der Sonne beschienenen Standort arbeiten. Alle gemessenen Daten konnte Philae aber zur Erde senden. Nach dem Erreichen des sonnennächsten Punktes am 13. August 2015 verabschieden sich Komet, Rosetta und Philae nun wieder aus dem Inneren des Planetensystems: "Churyumov-Gerasimenko ist inzwischen wieder über 350 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt", erläutert Dr. Ekkehard Kührt, Planetenforscher am DLR und zuständig für den wissenschaftlichen Anteil des DLR an der Mission mit Rosetta und Philae.

"In der Kometennacht kann es jetzt bis unter minus 180 Grad Celsius kalt werden. Selbst am Tag bleibt der gesamte Komet nun tiefgefroren." Für einen Lander, der auf Temperaturen bis minus 50 Grad Celsius ausgelegt ist, ist dies eine Umgebung, in der er nicht mehr arbeiten kann. Wäre er an seinem ursprünglichen Landeplatz zur Ruhe gekommen und hätte sich dort im Boden verankert, hätte er deutlich mehr Sonne zur Energieversorgung zur Verfügung gehabt, wäre aber voraussichtlich im März 2015 bei der Annäherung an die Sonne überhitzt.

Kontaktprobleme und Funkpausen

"Dass Philae sich jetzt sehr wahrscheinlich nicht mehr melden wird, liegt auch daran, dass seine Energie nicht mehr ausreicht und die Elektronik zu kalt ist", sagt Philae-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec. Auch in den letzten Monaten gab es keine Funksignale von Philae. Sein Schweigen im August 2015 hatte jedoch einen anderen Grund: Während des sonnennächsten Punktes befand sich die Rosetta-Sonde in einer zu großen Entfernung, um Signale des Landers empfangen zu können und zur Erde weiterzuleiten. In anderen Phasen war das Kontaktproblem zu Philae jedoch unerklärlich.

Philae meldete sich zwar am 13. Juni 2015 und sendete Daten über seinen Gesundheitszustand. Insgesamt nahm er auch sieben weitere Male Kontakt zum Bodenteam auf – doch blieb dies unregelmäßig und relativ unvorhersagbar. Am 09. Juli 2015 sendete er zum letzten Mal Informationen. "Wir haben immer wieder verschiedene Kommandos gesendet, um den Kontakt mit ihm zu stabilisieren und mit den Instrumenten messen zu können, aber dies ist leider nicht gelungen." Die Ingenieure des Projekts halten es für möglich, dass Kurzschlusse an den Sendern der Grund für die unregelmäßigen Kontakte und das anschließende Schweigen sein könnte.

Positive Bilanz für eine Premiere

Ingenieure und Wissenschaftler ziehen dennoch eine größtenteils positive Bilanz für die Mission mit dem Lander. "Einige Messungen konnten zwar leider nicht wie geplant durchgeführt werden, aber insgesamt war Philae ein Erfolg", betont DLR-Planetenforscher Dr. Ekkehard Kührt. "Wir sind in einer völlig unbekannten Umgebung gelandet, haben erstmals wissenschaftliche Daten auf einer Kometenoberfläche gesammelt und konnten mit diesen die Messungen des Orbiters ergänzen." Die Mission mit Rosetta und Philae habe gezeigt, dass die Aktivität eines Kometen deutlich komplexer abläuft als gedacht. "Wir haben viele neue Hinweise gewonnen, aber von einem endgültigen Verständnis sind wir noch weit entfernt."

Auch wenn die Arbeit mit Philae Wünsche offen gelassen hat – beispielsweise die chemische Untersuchung einer Bodenprobe oder mehr Zeit für wissenschaftliche Messungen: "Solche hochaufgelösten und spektakulären Bilder wie von der ROLIS-Kamera, die unterhalb des Landers sitzt, sowie von der Panoramakamera CIVA werden wir lange Zeit nicht mehr bekommen." Außerdem wurden mit einem Massenspektrometer organische Moleküle auf der Oberfläche gefunden und mit der Thermalsonde MUPUS sowie dem Seismometer SESAME physikalische Eigenschaften der Kometenoberfläche bestimmt.

Für zukünftige Missionen lernen

Der Kometenkern wurde von Sonde zu Lander mittels Radarstrahlen durchleuchtet, woraus Erkenntnisse über seine Struktur gewonnen werden konnten. Ein messbares Magnetfeld wies der Komet nicht auf. Viele Ergebnisse wurden inzwischen in wissenschaftlichen Journalen publiziert. "Die Auswertung der Daten wird jedoch noch über mehrere Jahre weitergehen", betont DLR-Planetenforscher Dr. Ekkehard Kührt.

Mit der Rosetta-Mission wurden gleich mehrere Premieren im All gefeiert: Noch nie begleitete eine Raumsonde einen Kometen auf seinem Weg um die Sonne, noch nie landete ein Gerät auf einer Kometenoberfläche, um dort Messungen durchzuführen. "Wenn man einen Vergleich mit anderen historischen Missionen sucht, wären dies vielleicht die Viking-Mission, die zum ersten Mal detaillierte Bilder vom Mars sendete, oder auch die Voyager-Sonden, die einen Blick auf die großen Planeten unseres Sonnensystems ermöglichten", sagt Philae-Projektleiter Dr. Stephan Ulamec vom DLR. Die Landung mit Philae war zudem auch eine gute Lehrstunde: "Wir können zukünftige Missionen besser an die Bedingungen auf einem Kometen anpassen."

Wiedersehen in sechs Jahren

Die letzten Fotos von Philae wird es sehr wahrscheinlich im Sommer 2016 geben, wenn die Rosetta-Sonde in nahen Vorbeiflügen auf den Lander blickt. "Wenn wir dann sehen, wie Philae positioniert ist, können wir manche Daten wie die Messungen des Radar-Experiments CONSERT noch besser interpretieren." In etwa sechs Jahren werden Philae und die Rosetta-Sonde, die im September 2016 zum Abschluss der Mission auf dem Kometen landen soll, zumindest wieder der Erde nahe sein – dann hat Komet Churyumov-Gerasimenko die Sonne ein weiteres Mal umrundet.

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