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Radarerfassung der Erde bald in Stereo

 

20. Apr 2016 - 18:50 Uhr


Info und News

Radarerfassung der Erde bald in Stereo

Die Vorbereitungen für den Start des Satelliten Sentinel-1B vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana sind in vollem Gange. Mit an Bord wird ein von Airbus Defence and Space gebautes Radarinstrument sein.


Der Satellit, den Thales Alenia Space, Italien, als Hauptauftragnehmer führt, soll am 22. April 2016 an Bord einer Sojus-Trägerrakete ins All starten. Im Orbit wird er zu seinem im April 2014 gestarteten Zwillingssatelliten Sentinel-1A stoßen und damit die Sentinel-1-Satellitenkonstellation im polaren Orbit komplettieren, die rund um die Uhr und unter allen Wetterbedingungen Bilder mit wesentlich verbesserter Wiederholrate und Reaktionszeit für Marine-, Landbeobachtungs- und Notfalldienste erzeugt. Im Zusammenspiel werden die Sentinel-1-Satelliten die Erde alle sechs Tage neu erfassen.


Die fortschrittliche Radarmission Sentinel-1 kann die Erdoberfläche unabhängig von Wolken und Regen zu jeder Tages- oder Nachtzeit aufnehmen. Damit eignet sie sich besonders zur Überwachung der Polarregionen, in denen während der Wintermonate Dunkelheit herrscht, oder der typischerweise wolkenbedeckten Tropenwälder.


Die Erdoberfläche im Radar


Die Mission liefert Bildmaterial von Ozeanen und Meeren für die zeitnahe Erstellung von Meereiskarten zur Gewährleistung des sicheren Schiffsverkehrs, für das Aufspüren und die Beobachtung von Ölteppichen sowie für die Bereitstellung von Wind-, Wellen- und Strömungsdaten. Über Land dienen die systematischen Beobachtungen von Sentinel-1 zur Beobachtung der Veränderungen der Landnutzung und zur hochpräzisen Überwachung von Bodenbewegungen. Zudem ist diese neue Mission speziell darauf ausgelegt, die schnelle Reaktion bei Notfällen und bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Erdbeben zu unterstützen.


Ebenso wie Sentinel-1A ist Sentinel-1B mit einem Radar mit synthetischer Apertur (Synthetic Aperture Radar – SAR) ausrüstet, das aufgrund seiner Dauerbetriebsfähigkeit riesige Datenmengen erfassen kann. Die Antenne hat eine Länge von 12,3 Metern und besteht aus fünf Paneelen. Vier davon werden vor dem Start an die Satellitenseiten angeklappt und erst im Orbit entfaltet.


Hochgenaue Systeme und Datenerfassung


Die Paneele sind mit 280 dual polarisierten kleinen Sendern mit einer Gesamtsendeleistung von etwas mehr als fünf Kilowatt bestückt. Diese von Thales Alenia Space gelieferten Sende- und die dazugehörigen Empfangselemente sind als Transceiver-Multichip-Hybridmodule implementiert und in die Front-End-Elektronik integriert. Die individuelle Steuerung dieser 280 Sender ermöglicht eine elektronische Schwenkung des gesamten Radarstrahls. Durch Steuerung des Strahls über ein Beobachtungsgebiet in mehreren 80 Kilometer breiten, nebeneinander liegenden Streifen lassen sich die erfassten Bilddaten zu Bildern mit mittlerer Auflösung mit Schwadbreiten von bis zu 400 Kilometern zusammensetzen. Zusätzlich zur bereits komplexen technischen Aufgabe, eine hochstabile Struktur für die 800 Kilogramm schwere Antenne zu fertigen, stellte die hohe Sendeleistung große Herausforderungen an die wärmetechnische Auslegung der Struktur.


Das SAR-Elektroniksubsystem der Antenne sorgt für die Antennensteuerung sowie für die Signalverarbeitung, das Timing und die Systemkontrolle des Radars zur Erzeugung von hochstabilen Radarsignalen und präziser Strahlausrichtung. Das Instrument wurde so ausgelegt, dass es bei einer Geschwindigkeit von sieben Kilometern pro Sekunde einen Bildpunkt in einem 400 Kilometer breiten Aufnahmegebiet aus einer Entfernung von fast 1.000 Kilometern mit einer Genauigkeit von 2,5 Metern erfassen kann. Erreicht wurde diese Genauigkeit durch ein komplexes Instrument zur hochpräzisen Echtzeitvorhersage der Orbitposition und eine hochgenaue Zeitberechnung zur Synchronisierung der SAR-Bilderfassung.


Die Kenntnis der jeweils aktuellen Satellitenposition ist daher eine der Grundvoraussetzungen für die geforderte Präzision der Vermessungsaufgaben. Dafür nutzt Sentinel-1B die Signale des US-amerikanischen Satellitennavigationssystems GPS. Die GPS-Empfänger von Ruag Space in Wien sind speziell für die Erfordernisse einer hochgenauen Positionsbestimmung im Weltall maßgeschneidert. Durch gleichzeitige Verarbeitung von Empfangssignalen auf zwei unterschiedlichen Frequenzen kann im Gegensatz zu den üblicherweise auf der Erde eingesetzten GPS-Empfängern, die nur eine Frequenz verarbeiten, eine höchstmögliche Positionsgenauigkeit erzielt werden.


Für das Radarinstrument haben die Teams von Space Systems in Friedrichshafen die 12,3 Meter mal 0,9 Meter große Antenne gefertigt und getestet. Daran angeschlossen ist das in Portsmouth (Großbritannien) gebaute SAR-Elektroniksubsystem. Airbus Defence and Space war Hauptauftragnehmer der europäischen Satelliten ERS-1/ERS-2 (Start 1991 bzw. 1995) und Envisat (Start 2001) und war zudem für die Entwicklung und den Bau der Radarnutzlasten AMI (ERS), ASAR (Envisat) und ASCAT (MetOp) zuständig. Zudem war Airbus Defence and Space Hauptauftragnehmer für die deutschen Radarsatellitenprogramme TerraSAR-X und TanDEM-X. Im Dezember 2015 unterzeichnete Airbus Defence and Space einen Vertrag mit Thales Alenia Space zum Bau von zwei weiteren SAR-Instrumenten – Sentinel-1C und Sentinel-1D – zur Bereitstellung von Copernicus-Radardaten über das Jahr 2029 hinaus.


Copernicus: Daten über Laser mit Sentinel-1B


Sentinel-1B ist der vierte einer Reihe von Sentinel-Satelliten für das Europäische Copernicus-Programm, einem Gemeinschaftsvorhaben der Europäischen Kommission und der europäischen Weltraumorganisation ESA. Airbus Defence and Space ist ein zentraler Partner des Copernicus-Programms seit dessen Beginn im Jahr 1998. Airbus Defence and Space betreibt und nutzt eine Reihe optischer und Radarsatelliten – SPOT, Pléiades, TerraSAR-X und TanDEM-X – und ist einer der führenden Datenlieferanten für die Copernicus-Dienste. Das Unternehmen spielt eine wesentliche Rolle beim Bau der Sentinel-Satelliten, die die Daten der bestehenden Raumfahrtmissionen – den so genannten Copernicus Contributing Missions – ergänzen sollen.


Ruag Space war auch für den Bau der Struktur des Satelliten aus Aluminium und Kohlefaser verantwortlich. Vergleichbar dem Chassis eines Autos, ist diese Struktur das "Skelett" des Satelliten, das alle anderen Baugruppen trägt. Das "Rückgrat" ist dabei ein zentraler Konus aus kohlefaserverstärktem Kunstsoff, der es dem Satelliten ermöglicht, auch die hohen Lasten, die während des Raketenstarts auf ihn einwirken, unbeschadet zu überstehen. Die Thermalisolation für Sentinel-1B wurde ebenfalls von Ruag Space geliefert. Weiterhin fertigte Ruag Space elektronische Baugruppen für die Überwachung und Steuerung des Satelliten. 28 weitere Elektronikmodule von Ruag sind Teil der Radarantenne und dienen der Steuerung des Radarstrahls, darunter auch die Elektronik, welche die Radarsignale erzeugt.


Ein Laser-Terminal an Bord des Satelliten ermöglicht es, Daten mit einer optischen Verbindung zum Europäischen Datenrelais-System EDRS zu übertragen. Mit dieser neuen Technologie kann der Satellit wesentlich mehr Daten senden, als mit der herkömmlichen Funkübertragung direkt zur Erde. Das Copernicus-Programm ist der erste Nutzer der Weltraum-Datenautobahn (EDRS-SpaceDataHighway). Der SpaceDataHighway ermöglicht die Laserkommunikation im All mit Übertragungsraten von bis zu 1,8 Gigabit pro Sekunde. Sentinel-1 und -2 sind die ersten Erdbeobachtungssatelliten, die mit dem Laserkommunikationsterminal von Airbus Defence and Space ausgestattet sind. Ruag Space hat für das Laser-Kommunikationsterminal von Sentinel-1B die Teleskopeinheit geliefert. Die Datenautobahn wird im Rahmen einer Public-Private-Partnerschaft zwischen der ESA und Airbus Defence and Space umgesetzt.


Titelbild Grafikquelle: Ruag Space; Galeriebild: Airbus DS.


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