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Kleinsatellit der Uni Würzburg im All angekommen

 

25. Nov 2013 - 18:06 Uhr


Raumfahrt

Kleinsatellit der Uni Würzburg im All angekommen

UWE-3, die mittlerweile dritte Generation des Universität-Würzburg-Experimentalsatelliten, ist planmäßig vom russischen Weltraumbahnhof in Yasny aus ins Weltall gestartet. Wenige Stunden nach dem Start hat UWE bereits erste Funksignale von seiner Umlaufbahn zur Erde geschickt.

Um 08:10 Uhr hatte eine russische Dnepr-Rakete im Weltraumbahnhof Yasny ihre Triebwerke gezündet und hob ab. Mit an Bord hatte sie insgesamt 32, vor Allem kleine Satelliten – darunter den Experimentalsatelliten der Universität Würzburg UWE-3. Ihr Ziel: eine Umlaufbahn um die Erde in Höhe von rund 600 Kilometern.

Bereits kurze Zeit nach dem Start erreichte die Rakete diese Höhe und setzte dort ihre Last aus. Und schon um 10:00 Uhr empfing die Bodenstation am Hubland-Campus der Universität die ersten Lebenszeichen von UWE-3. Danach war klar: Alle wichtigen Systeme sind funktionstüchtig, die Batterien laden sich auf, UWE kann seine Arbeit wie geplant aufnehmen.

UWE-3 – Lageregelung auf 10 x 10 x 10 Zentimetern

UWE-3, ein Würfel mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern und einer Masse von gut einem Kilogramm, ist eine Entwicklung Würzburger Studierender, die zum Großteil in dem internationalen Studiengang "Space Master" eingeschrieben sind. Unter der Leitung von Professor Klaus Schilling, Inhaber des Lehrstuhls "Informatik 7: Robotik und Telematik", haben sie den Kleinst-Satelliten entwickelt.

Vor allem zwei wissenschaftliche Ziele verfolgen die Konstrukteure von UWE-3 mit dessen Einsatz im Orbit: UWE-3 soll dort die Fähigkeiten einer effektiven Lage-Kontrolle für sogenannte Pico-Satelliten demonstrieren. "Wir wollen damit zeigen, dass es möglich ist, ein effizientes Lageregelungssystem auch für Kleinstsatelliten zu realisieren", sagt Klaus Schilling. UWE-3 beherrscht die Technik, einfache Lageregelungen durchzuführen: Er kann sich beispielsweise für Beobachtungszwecke in eine vorgegebene Richtung drehen. Möglich macht dies eine Wechselwirkung von Magnetfeldspulen an Bord mit dem Erdmagnetfeld, kombiniert mit einem Schwungrad, das eine Drehung in eine vorgegebene Richtung durchgeführt.

Darüber hinaus steht UWE-3 für ein flexibles, modulares Satellitensystem-Design, das einfache Änderungen und Anpassungen der einzelnen Komponenten und Untersysteme ermöglicht. "Dieses modulare Satellitendesign erlaubt es beispielsweise, einzelne Bausteinkomponenten zu den Subsystemen Datenverarbeitung, Stromversorgung oder Datenübertragung ganz nach Wunsch und Bedarf anzupassen", sagt Schilling.

Kleinstsatelliten: Miniaturisierung für die Raumfahrttechnik

UWE-3 steht damit für einen Paradigmenwechsel in der Raumfahrttechnik, wie er schon in der Informationsverarbeitung erfolgt ist: Weg von den Großrechnern der 1970er-Jahre, hin zu kleinen, über Internet untereinander vernetzten Laptops von heute. "Allgemein wird erwartet, dass die aktuell üblichen multifunktionalen Großsatelliten zunehmend durch Systeme von vielen, miteinander kooperierenden Kleinsatelliten ergänzt werden", beschreibt Schilling diesen Wandel.

Im Satellitenprogramm der Universität Würzburg werden Schritt für Schritt die kritischen Schlüsseltechnologien für Kleinsatelliten entwickelt, um eine derartige Zusammenarbeit von Kleinstsatelliten im Orbit realisieren zu können. Wie zukunftsweisend Schillings Forschungsarbeiten in diesem Gebiet sind, zeigt beispielsweise die Tatsache, dass der European Reseach Council (ERC) ihn mit einem der höchstdotierten europäischen Preise für die Grundlagenforschung, einem ERC Advanced Grant, in Höhe von 2,5 Millionen Euro unterstützt.

Verteilte Kleinstsatelliten für Echtzeit-Kommunikation

Kooperierende, verteilte Satelliten eröffnen durch einen geschlossenen Regelkreis im Orbit die Möglichkeit, auch nach Abweichungen und Störungen schnellstmöglich wieder optimale Bedingungen für Beobachtungen und Kommunikation herzustellen – und das ohne die Hilfe von Bodenstationen.

Mittels Kleinstsatelliten-Netzen in niedrigen Erdumlaufbahnen lassen sich auch kostengünstig Kommunikationsnetze mit geringer Bandbreite realisieren. Sie könnten Messdaten mit geringem Zeitversatz aus schwer erreichbaren Gebieten übertragen, wie etwa Umweltdaten von Mess-Stationen in Dschungelgebieten. Mit etwa 48 Kleinstsatelliten ließe sich auch bereits ein Netz im Echtzeitbereich, zum Beispiel zur Übertragung von Telefongesprächen aufbauen.

Im Bereich des Weltraumwetters könnten Vielfachmessungen aus verschiedenen Richtungen interessante 3D-Abläufe dokumentieren. Dies wäre beispielsweise bei hochdynamischen Magnetfeld-Irregularitäten in der Ionosphäre interessant und könnte so zur Aufklärung dieser Phänomene in der Erdatmosphäre mit beitragen.

Für Kleinstsatelliten bietet sich somit ein kommerziell sehr interessantes Umfeld, um kosteneffizient ein breites Spektrum von Anwendungen zu erschließen.

Launch Party zum Start des UWE-Satelliten

Mit UWE-1 haben Schilling und seine Mitarbeiter im Jahr 2005 zunächst Anpassungen von Internet-Protokollparametern im Orbit untersucht und in Experimenten optimiert. UWE-2, gestartet 2009, hatte als Zielsetzung, Hard- und Software zur Lage- und Positionsbestimmung zu testen. Und aktuell arbeiten die Forscher bereits an UWE-4, der mit Hilfe eines elektrischen Antriebs auch Positionsveränderungen gezielt durchführen kann.

Rund 100 Gäste hatten sich zur "Launch Party" in der Robotikhalle auf dem Universitätscampus eingefunden, um von dort aus die Live-Übertragung des Raketenstarts zu beobachten. Unter den Ehrengästen waren Unipräsident Alfred Forchel, Unikanzler Uwe Klug, der Landtagsabgeordnete Georg Rosenthal und Vertreter des Wissenschaftsministeriums.

"Heute Morgen war die Anspannung ziemlich groß, genauso groß ist jetzt die Erleichterung", sagte Klaus Schilling, nachdem aus Russland die Meldung eingetroffen war, dass die Rakete die Satelliten ordnungsgemäß im Orbit ausgesetzt hat. "Damit liegen die kritischen Phasen hinter uns", so Schilling.

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