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Rosetta bald mit Kamera OSIRIS – Stationen der Sonde

 

22. Jan 2014 - 15:42 Uhr


Raumfahrt

Im Januar 2014 blickt die Raumfahrtwelt nach Darmstadt und lauscht auf Signale der von Airbus Defence and Space (vormals Astrium) für die Europäische Weltraumorganisation ESA entwickelten und gebauten Kometensonde Rosetta. Nach rund 2,5 Jahren Winterschlaf (exakt 957 Tage) ohne Kontakt mit Rosetta, ist die Sonde in die "finale" Missionsphase eingetreten. Doch vorher stellte die Sonde mit ihrer speziellen Flugbahn und Mission die Ingenieure und Weltraumtechniker vor besondere Herausforderungen.

Vor immerhin zehn Jahren, am 02. März 2004, startete Rosetta mit einer Ariane-5-Trägerrakete von Kourou (Französisch- Guyana) aus ins All. Diese Woche vor genau neun Jahren kam die Sonde das erste von drei Malen wieder an der Erde vorbei, und vor acht Jahren auch am Planeten Mars, um sich durch sogenannte Swingby-Manöver Schwung für die Weiterreise zu holen. Später musste die Sonde in Schlafmodus versetzt werden, da die Energie der Sonnensegel so fern von der Sonne nicht ausreichte.

Obwohl der Wecker der Sonde dann auf den 20. Januar 2014, 11:00 (MEZ) Uhr gestellt war, kam die erste Rückantwort der Kometensonde ans Europäische Kontrollzentrum auf der Erde erst am Abend um 18:18 Uhr UTC (19:18 Uhr MEZ) an. Die Sonde durchlief zuvor einen ausgeklügelten Reaktivierungszyklus: Aufwärmen, dann Orientierung gewinnen und die richtige Lage im Weltraum einnehmen, und schließlich die zwei Meter große Antennenschüssel in Richtung Erde ausrichten, um das erste "Hallo" zur Erde zu schicken. Dieses Signal erreicht die Erde aufgrund der großen Entfernung erst nach 43 Minuten, trotz Lichtgeschwindigkeit. Nun beginnt die Forschung zu den Ursprüngen unseres Sonnensystems, indem sie den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko untersucht.

Vier Wecker klingelten Rosetta wach – Schlaf technisch anspruchsvoll

"Mindestens zwei dieser Wecker müssen klingeln, um das Risiko zu minimieren, dass die Sonde durch eine Fehlfunktion einer der vier Quarzuhren zu einem falschen Zeitpunkt aktiviert wird", erläutert Gunther Lautenschläger, Projektleiter bei Space Systems. Am Tag des Erwachens flog Rosetta rund 810 Millionen Kilometer von der Erde entfernt und hat seit ihrem Start eine Strecke von mehr als 6,2 Milliarden Kilometern zurückgelegt. Von ihrem Zielobjekt, dem Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko war die Raumsonde dann schon "nur" noch rund neun Millionen Kilometer entfernt.

Die Entwicklung der Flug-Software erwies sich als eine der größten Aufgaben. Um wirklich jeden denkbaren Fehler-Fall abzudecken, wurde die Flug-Software vor dem Start zwei Jahre lang an zwei komplett ausgestatteten Modellen der Sonde intensiv getestet. Im Notfall muss Rosetta selbstständig auf die entsprechende redundante Komponente umschalten oder sogar zum Überleben in einen speziellen Safe Mode schalten. In der Phase von Juni 2011 bis Januar 2014, flog die Sonde in Bereiche weit weg von der Sonne – sie erreichte Entfernungen zur Sonne wie der Jupiter auf seiner Umlaufbahn – wo nur noch wenig (400 W) Sonnenenergie zur Verfügung steht. Darum musste Rosetta in Tiefschlaf versetzt werden. Alles wurde ausgeschaltet, um mit geringer Energie die Sonde zu heizen. Die Bordcomputer durften sich nur noch auf das Heizen konzentrieren.

Strom nur aus Solarenergie

Selbst für den Minimalbetrieb benötigt die Sonde etwa 390 Watt elektrische Leistung, was soviel ist wie etwa vier Zimmer-Glühbirnen, oder ein normaler PC. Bislang haben alle Raumfahrzeuge, die sich bis über die Marsbahn hinaus von der Sonne entfernt haben, ihren Strom aus "radioaktiven" Batterien bezogen. Hierin wird die Wärme von radioaktiv zerfallenden Substanzen direkt in Strom umgewandelt. "Rosetta ist eine ‚grüne‘ Sonde, denn Rosetta fliegt mit Solarenergie", so Lautenschläger. Für Rosetta wurden in einem groß angelegten Forschungsprogramm von 1990 bis 1996 Solarzellen entwickelt, die auf Bedingungen mit sehr geringer Lichtintensität und sehr niedrigen Temperaturen optimiert sind.

Rosetta verfügt über zwei jeweils 15 Meter lange Solarzellenflügel mit einer Gesamtfläche von 68 Quadratmetern. Sie erzeugten in 800 Millionen Kilometer Entfernung von der Sonne, wo die Lichtintensität auf etwa vier Prozent derjenigen in Erdnähe abgefallen ist, noch ca. 450 Watt – mehr als ursprünglich vorherberechnet. Wenn sich Rosetta im Sommer 2015 der Sonne bis auf etwa 195 Millionen Kilometer (ungefähr ein Drittel mehr als der Erdumlaufbahn-Radius) genähert hat, liefern die Solarzellen die volle elektrische Leistung von 8,7 Kilowatt.

Sonne heizt Äußeres auf 100 °C

Eine technische Herausforderung stellt auch die thermische Kontrolle der Sonde dar. Rosettas Abstand zur Sonne wird zwischen etwa 195 und 840 Millionen Kilometer schwanken, so dass die Sonnenstrahlung das Raumfahrzeug unterschiedlich stark erwärmt (-270°C/+100°C). Außerdem heizen die Instrumente und Computer das Innere der Sonde abhängig von ihrem Betriebszustand zusätzlich auf. Trotz dieser erheblich wechselnden Bedingungen darf die Temperatur im Inneren nur gering schwanken (5°C/45° C). Um dies zu gewährleisten wurden erstmals in Europa spezielle Jalousien entwickelt, die sich abhängig von der Temperatur selbständig öffnen und schließen.

Ein Problem könnte der vom Kometenkern abdampfende Staub sein. Rosetta orientiert sich während des Fluges und in der Umlaufbahn um den Kometen an den Sternen. Hierzu dient ein kleines Fernrohr, der so genannte Star Tracker. Wenn Rosetta ab August 2014 in nur einigen Kilometern Höhe den Kometen Churyumov-Gerasimenko umkreist, wird wahrscheinlich Staub die Sicht des Fernohres behindern. "Normale" Star Tracker Software könnte die feinen Partikel nicht mehr von Sternen unterscheiden und würde unweigerlich die Orientierung verlieren. Für Rosetta wurde dieses Problem durch die Entwicklung einer intelligenten Software gelöst, die selbst dann noch sämtliche Sternbilder erkennt, wenn bis zu tausend "falsche Sternchen" die Sicht verschleiern und den Computer irritieren.

Die Rosetta-Mission wird Wissenschaftlern helfen zu verstehen, wie unser Sonnensystem vor rund 4,6 Milliarden Jahren aus der so genannten Urmaterie entstanden ist. Während sich die Materie auf den Planeten unseres Sonnensystems durch den Einfluss der Sonnenstrahlung und durch geoloische Prozesse verändert hat, sind Kometen "kosmische Gefriertruhen", in denen die Materie in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist. Rosetta wird den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko kartieren, ihn auf dem Weg zur Sonne begleiten und den Lander Philae auf ihm absetzen.

Manöver bis zur Begegnung mit 67P/Tschurjumov-Gerasimenko

Momentan steuert die Sonde weiter auf den Kometen zu und befindet sich schon im "Normal mode", die Plattformsysteme sind aktiviert. Die Instrumente sind aber noch ausgeschaltet. Noch im März sollen das OSIRIS Imaging System, danach über Wochen alle anderen Systeme aktiviert werden, zur Zeit liefert allein die Navigationskamera der Sonde Bilder. Die wissenschaftlichen Instrumente benötigen einen langen Vorlauf, auch die Untersuchungen für nach 2014 werden laut ESA bereits jetzt vorbereitet.

Für den Mai ist dann eine Reihe von Manövern geplant, die Rosetta auf die genaue Flugbahn des Kometen einschwenken lassen. Sehen kann die Kamera ihn dann zwar immer noch nur als helle Pixel im Bild, denn er ist noch fünf Millionen Kilometer entfernt. Die relative Geschwindigkeit Rosettas zum Kometen wird dann von ca. 800 m/s über Monate auf einen Meter pro Sekunde abgebremst werden. Ab 06. August soll sie den Kometen dann in 100 Km Entfernung umkreisen und beobachten.

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